Portrait in der ProZ

Leben für den Gesang

Iris Kretzschmar

Die Münchensteinerin Jardena Flückiger singt die «Carmina Burana» im Stadtcasino.

Im langen roten Kleid umweht von Nebelschleiern, mitten im kargen Gebirge, so inszeniert sich Jardena Flü- ckiger auf ihrer Website. Die Bilder transportieren Emo- tionen und erzählen von ihrer Hingabe an Musik und Natur.

Die Münchensteiner Sopranistin beherrscht viele be- kannte Rollen. Höchst eindrücklich sang sie 2020 das Ännchen im «Freischütz» am Landestheater Innsbruck ein letztes Mal, bevor auch diese Bühne wegen Corona verstummte. Nun freut sich die Sängerin auf die «Carmi- na Burana» im Stadtcasino Basel, wo sie zusammen mit dem Bariton Yannick Debus die Hauptrolle singt. Es ist ein aussergewöhnliches Format, eine halb szenische In- szenierung (Mélanie Huber) begleitet von 200 Stimmen des jungen Kammerchors und Gästen, in einer Beset- zung für Orgel und Perkussion unter der Leitung von Tobias Stückelberger.

Mit ihrem lyrischen Sopran hat sie sich sowohl auf Schweizer als auch auf internationalen Bühnen einen Namen gemacht. Im Gespräch erzählt sie von den An- fängen ihrer Leidenschaft in der Mädchenkantorei Basel und wie sie mit 13 Jahren Zuhörerin an einem Lieder- abend war und sich aus lauter Begeisterung gleich für Gesangsstunden bewarb. Viel Freiheit habe ihr die erste Lehrerin Barbara Schneebeli beim Singen gelassen. Noch heute ist sie glücklich, dass sich ihre Stimme unge- hindert entfalten durfte. Ihr nachfolgendes Studium an der Hochschule für Musik in Basel schloss sie «mit Aus- zeichnung» ab, um sich anschliessend an der Universität der Künste in Berlin dem zweiten Master im Opernfach zu widmen. Toll sei die Ausbildung dort, schwärmt sie

und erzählt von ihrem ersten Auftritt als Blanche im «Dialogues des Carmélites» von Francis Poulenc. Es folg- ten Meisterkurse und eine feste Anstellung am Theater Vorpommern in Stralsund, wo sie sich ein vielseitiges Repertoire erarbeitete und von SRF 1 ein Porträt über sie ausgestrahlt wurde.

Selber gestalten und nicht gestaltet werden

Jardena Flückiger ist eine lebhafte junge Frau, hu- morvoll, charmant und kann sich als freischaffende Sän- gerin ihre Angebote oft aussuchen. Sie liebt Dramati- sches und Burleskes, fühlt sich mit ihrer ganzen Person in die jeweiligen Rollen ein. Sie gestaltet aus dem Mo- ment heraus, weil jede Aufführung sie mit Haut und Haaren fordert. «Ich will das ganze Spektrum», betont sie, «weil ich ein so vielseitiger Typ bin.» Selber gestalten und nicht gestaltet werden, ihre kreative Gabe leben, so ihre Idee von Berufung und Leben. Künstlerisch ist sie auch in der Freizeit, malt, schreinert und näht ihre Klei- der selber. Bei ihrem nächsten Projekt in Tübingen am Komponistinnenfestival, wo ausschliesslich Werke von Frauen gespielt werden, singt sie die Hauptpartie im Oratorium der Pianistin und Komponistin Luise Adolpha Le Beau (1850–1927).

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